Seesicht: Der kleine Brülli sorgt für Diversität und Inklusion

Seesicht: Der kleine Brülli sorgt für Diversität und Inklusion

Einfach so sein dürfen, wie man ist – wer wünscht sich das nicht. Diesem Thema hat die Schweizerin Tina Olivia Seiler ihr erstes Kinderbilderbuch gewidmet. Hauptprotagonist ist ein kleiner Hase, der davon überzeugt ist, ein Löwe zu sein.

Text: Dominik Abt

 

Mit einfach verständlichen Texten und herzerwärmenden Illustrationen vermittelt «Der kleine Brülli» Kindern die Bedeutung von Diversität und Inklusion auf natürliche Weise und greift so aktuelle sozialpolitische Themen auf.

Der kleine Brülli ist ein Hase. Ein besonderer Hase, denn er denkt, er sei ein Löwe. Aufgewachsen auf einem Bauernhof muss er diesbezüglich mit vielen Vorurteilen kämpfen. Um zu beweisen, dass er wirklich ein Löwe ist, macht er sich zu seinen Artgenossen in den Zoo auf. Während seiner Reise macht er drei ganz ausserordentliche Bekanntschaften. Was sie verbindet: Alle vier sind anders als ihre Verwandten und Freunde. Und jeder einzelne von ihnen weiss, wie es ist, nirgends wirklich dazu zu gehören. Gemeinsam und dank ihrer Freundschaft aber sind sie stark, denn in diesem Grüppchen darf jeder genau so sein, wie er ist und sein möchte.

Der kleine Brülli erzählt auf spielerische Art und Weise von der Kraft der Freundschaft. Dank einfach verständlichen Texten und Illustrationen, die ans Herz gehen, werden Kindern aktuelle sozialpolitische Themen wie Diversität und Inklusion zugänglich gemacht. «Die Geschichte ist mir aus dem Herzen geflossen. Das hat wohl damit zu tun, dass der kleine Brülli teilweise auch autobiografisch ist», erklärt Tina Olivia Seiler mit einem Augenzwinkern. Der kleine Brülli und seine drei Freunde entsprechen keinen Stereotypen und leben Toleranz. Sie brechen zwar unbewusst traditionelle Geschlechterrollen auf, in erster Linie aber zeigen sie, dass wir in unserer Unterschiedlichkeit alle Teil eines grossen, wunderbaren Ganzen sind.

Seesicht hat sich mit der Autorin unterhalten.

Tina Seiler, wie wichtig ist Toleranz in der heutigen Zeit?
Unendlich wichtig. Das lehrt uns nicht nur gerade das gegenwärtige Geschehen, in dem es besonders wichtig wäre, andere Meinungen und Überzeugungen hinzunehmen. Toleranz ist der grundlegende Faktor für jede menschliche Interaktion und dementsprechend auch für die Kommunikation. Sie hilft uns beim Zusammenleben und schützt uns vor gegenseitiger Verurteilung und Verachtung. Im besten Falle führt sie zu Anerkennung und Respekt. Das ist jedoch leichter gesagt als getan: Wohl kein Mensch ist gefeit, vor allem Unbekanntes vorschnell zu (be-)werten.

Und was lehrt uns Brülli zu diesem Thema?
Brülli möchte sein können, wie er ist und sich fühlt, und so begegnet er auch diesen drei Tieren, die seinen Weg kreuzen. Keiner entspricht der gängigen Norm, aber keiner versteckt sich. Sie alle stehen zu ihrem anders sein. Wenn du eben mit dir selbst im Reinen bist und dann noch geliebt wirst, kann dir eigentlich nichts mehr passieren.

Wer durfte die Geschichte als Erstes lesen?
Mein Mann. Er ist ursprünglich Primarlehrer und bildet heute an der Fachhochschule Nordwestschweiz Lehrpersonen aus. Schon rein beruflich ist er einer meiner härtesten Kritiker. Danach folgten die Eltern meiner beiden Patenkinder sowie weitere Freunde, die Kinder haben. Ich wollte sicher sein, dass die Geschichte diese zu fesseln vermag.

Wie kam es zum Grundthema Diversität und Inklusion?
Die Geschichte ist mir aus dem Herzen geflossen. Da war keine spezifische Strategie dahinter. Aber beim Vorlesen und Diskutieren mit Familie und Freunden kristallisierte sich dann schnell heraus, dass genau diese zwei Themen für Kinder wertvoll sein könnten. In erster Linie soll die Geschichte Spass machen und gefallen. Das ist mir wichtig.

Indiskrete Frage: Inwiefern ist die Geschichte autobiografisch?
Ich muss da mit einem Augenzwinkern natürlich gestehen, dass ich ein Stück weit der Brülli bin. Als Familie war immer der Hase bei uns das «Wappentier». Aber zunehmend wird deutlich, dass ich durch und durch ein Löwe bin. Ich fühle mich mit diesem Tier verbunden, und es entspricht mir immer mehr, je älter ich werde. Aber auch die anderen Figuren sind irgendwo in Anlehnung an Menschen in meinem Umfeld entstanden, die mir wichtig sind oder die mich inspirieren. Da darf ich aber wirklich nicht mehr dazu verraten! Fakt ist aber: Die beste Inspiration überhaupt erfährt man ja sowieso immer, wenn Emotionen im Spiel sind. Dann musst du nur noch niederschreiben.

Ohne zu viel zu verraten: Wer sind Brüllis drei Freunde?
Der kleine Tigerflingo, der denkt, er sei ein Flamingo. Und Flamingu, ein wirklicher Flamingo, der sich unter anderem aufgrund seines Fracks für einen Pinguin hält. Nicht zu vergessen das Pinguinmädchen Pinghasi, das mit seinem Haarreif und den schönen langen Ohren sich fühlt wie ein Hase.

Achtung Spoiler: Wird der vegetarische Hase am Schluss zum fleischfressenden König der Tiere?
(Lacht) Da ich selbst kein ausdrücklich fleischfressender Löwe bin, reicht das wohl als Antwort. Lustig eigentlich, dass in diesem Buch Essen und Trinken so wenig Thema sind. Wer mich kennt, den wird das erstaunen, allein schon beruflich dreht sich bei mir vieles um Gastronomie, ganz zu schweigen im Privaten.

 

Tina Olivia Seiler hat schon immer gerne geschrieben. Zu Beginn waren es Kurzgeschichten, es folgten Versuche für die Theaterbühne sowie zahlreiche Gedichte. Damit einher ging der Wunsch, Journalistin zu werden. Während dem Studium der Kommunikation und des Journalismus an der Zürcher Hochschule Angewandter Wissenschaften in Winterthur entschied sie sich dann aber doch für die Kommunikation. Die Liebe zum Schreiben sowie der Traum vom eigenen Buch blieb. «Dass es ein Kinderbilderbuch geworden ist, war hingegen nicht geplant und auch für
mich eine Überraschung», erzählt die Autorin.